Leitungswasser statt Sekt!

Ein Bericht von Axel Gödel zu den Änderungen im Jahr 2009.

Das „Superwahljahr“ 2009 beginnt für die BürgerInnen in unserem Land mit neuen Belastungen. Allen voran der Gesundheitsfond, der Ende Januar für ein dickes Minus auf der Gehaltsabrechnung sorgen wird. Viele Energieversorger haben die nächste Preisrunde bereits angekündigt. Einige, mit großen Worten angekündigte Verbesserungen wie die Erhöhung des Kinder- und des Wohngeldes klingen im ersten Moment wie ein sozialer Sinneswandel der neoliberalen Bundesregierung. Bei genauem Hinschauen macht sich aber auch hier schnell Ernüchterung breit. Zum einen reichen die Erhöhungen bei weitem nicht aus, die Kostensteigerungen aufzufangen. Zum anderen sind gerade die Ärmsten der Gesellschaft wie Hartz IV Empfänger hiervon größtenteils ausgenommen.

2009 ist also Leitungswasser statt Sekt angesagt. Die nachfolgenden Neuerungen sind natürlich nur ein kurzer Überblick aus der Vielzahl der Änderungen zum Jahreswechsel.

Die wohl bekannteste Neuerung ist der sogenannte Gesundheitsfond. Für alle gesetzlich Versicherten gilt demnach ein einheitlicher Beitragssatz von 15,5 %. Dabei wurde der paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanzierte Beitrag auf 14,6 % festgesetzt. ArbeitnehmerInnen zahlen zusätzlich einen Anteil von 0,9 %. Kommen Krankenkassen mit ihren Mitteln nicht aus, können sie zusätzliche Beiträge erheben - natürlich nur von den ArbeitnehmerInnen. Der Arbeitgeberanteil bleibt eingefroren. Bis zu 8 Euro im Monat können es ohne weitere Einkommensprüfung werden, bei höheren Beträgen bis zu 1 % des Einkommens. Wenn der Gesundheitsfond die Ausgaben zwei Jahre lang nur zu unter 95 % decken kann, kommt es insgesamt zu einer Erhöhung der Beiträge.

Beitrags- und Steuergelder werden zukünftig zentral eingenommen und durch eine neue Zentralbehörde an die Krankenkassen weitergeleitet. Hierbei wird der Risikostrukturausgleich neu gegliedert, so dass jede Krankenkasse die Mittel erhalten soll, die zur Versorgung ihrer Mitglieder erforderlich sind. Krankenkassenverbände gehen allerdings davon aus, dass mindestens acht Krankenkassen im Laufe des Jahres wegen Insolvenz schließen müssen.

Zum 01. Januar 2009 tritt das neue Familienleistungsgesetz in Kraft. Hiernach steigt erstmals seit sieben Jahren das Kindergeld um 10 Euro für die ersten beiden Kinder, für die es dann 164 Euro gibt und 16 Euro für das dritte Kind, das so auch 170 Euro bekommt. Für jedes weitere Kind gibt es 195 Euro. Der Kinderfreibetrag wird von 5808 Euro auf 6000 Euro angehoben. Außerdem können haushaltsnahe Dienstleistungen z.B. für Kinderbetreuung besser steuerlich abgesetzt werden.

Was auf dem ersten Blick positiv klingt, hat zwei große Haken. Zum einen reicht diese Erhöhung  <//span>bei weitem nicht aus, die zum Teil drastisch gestiegenen Kosten z.B. für Nahrungsmittel aufzufangen. Was aber noch gravierender ist: Hartz IV-Empfänger und Alleinerziehende haben von dieser Erhöhung überhaupt nichts! Ihnen, die eine Erhöhung am nötigsten hätten, wird das Geld gleich wieder abgezogen. Nämlich von den Hartz IV Regelleistungen bzw. von zustehenden Unterhaltszahlungen. „Alle Familien haben ab dem 1. Januar mehr in der Tasche“ verkündete stolz Familienministerin Ursula von der Leyen. Offensichtlich kennt die Familienministerin die Hartz IV-Gesetzgebung und entsprechende Regelungen für Alleinerziehende nicht!

Immerhin enthält das Familienleistungsgesetz ein Schulbedarfspaket über 100 Euro pro Kind und Schuljahr. Laut Familienministerium sollen hiermit die Bildungschancen gerechter verteilt werden. Von diesem Geld können Bedürftige ihrem Kind Schulbedarf wie Hefte oder Stifte kaufen. Die örtlichen Behörden können hierüber Nachweise verlangen. Die tatsächlichen Kosten für Schulbedarf werden durch die 100 Euro nur zum geringen Teil abgedeckt werden können.

Nach der Wohngeldnovelle wird ab Januar das Wohngeld angehoben. Hiervon sollen nach Regierungsangaben rund 800.000 Haushalte profitieren. Das Wohngeld für den Einzelnen soll von derzeit durchschnittlich 90 Euro auf 150 Euro ansteigen. Zudem wird eine Heizkostenkomponente eingeführt. Diese soll die stark gestiegenen Heiz- und Energiekosten auffangen. Die Tabellenwerte und Miethöchstbeträge werden um 10 % angepasst.

Aber auch hier gilt, dass für viele diese Erhöhung nicht mit einer wirklichen Steigerung ihrer Einkünfte verbunden ist. So beziehen viele ArbeitnehmerInnen ergänzende Leistungen durch die Jobcenter, weil ihr Gehalt unter Hartz IV-Niveau liegt. Natürlich wird das gestiegene Wohngeld auf diese Leistungen angerechnet. Viele werden damit sogar aus dem Bezug der ergänzenden Leistungen herausfallen. Das ist zwar positiv, führt aber eben nicht zu mehr Geld. Die Statistiken wird das natürlich aufbessern und die Bundesregierung wird dies im Wahljahr auch verkünden…

Viele Änderungen der Pflegereform sind bereits 2008 in Kraft getreten. So wurden bereits zum 01.07.2008 die Beiträge auf 1,95 % bzw. 2,2 % für Kinderlose erhöht. Auch die Leistungen wurden bereits zum 01.07.2008 angepasst. Eine wichtige Neuerung tritt jedoch zum 01. Januar 2009 in Kraft: Ab hier gilt ein Rechtsanspruch für alle Versicherten auf eine kostenlose, individuelle Pflegeberatung. Diese wird von entsprechenden Pflegestützpunkten bzw. Pflegeberatern der Pflegekassen durchgeführt. Ein Recht das Ratsuchende auf jeden Fall in Anspruch nehmen sollten!

Der Beitragssatz <//span>zur Arbeitslosenversicherung wird dauerhaft von 3,3 % auf 3,0 % abgesenkt. Befristet bis Juni 2010 sinkt er auf 2,8 %. Diese positive Berechnung basiert auf der Arbeitsmarktentwicklung des Jahres 2008. Die durch die Finanzkrise zu erwartende höhere Arbeitslosenquote findet hierbei allerdings keine Berücksichtigung. Es wird sich zeigen müssen, ob diese Absenkung tragfähig ist.

Im steuerlichen Bereich wird die Abgeltungssteuer eingeführt. Sie ersetzt die Kapitalertragsteuer. Die Abgeltungssteuer gilt für Kapitaleinkünfte wie z.B. Zinsen, Dividenden oder Kurs- und Währungsgewinne. Sie beträgt Pauschal 25 %. Hinzu kommen der Solidaritätszuschlag (5,5 % der Steuer) und bei Mitgliedschaft die Kirchensteuer (8 bzw. 9 % der Steuer; in Berlin 9 %). Damit ergibt sich in Berlin, eine Kirchenmitgliedschaft vorausgesetzt, eine Steuerlast von 27,995 % der Einkünfte. Der Sparerpauschbetrag liegt nunmehr bei 801 Euro für Ledige und bei 1.602 Euro für Verheiratete.

Schließlich sei auch noch die lange diskutierte Erbschaftssteuerreform erwähnt<//span>, die nunmehr in  <//span>Kraft tritt. Die nach Verwandtschaftsgrad gestaffelten Steuerklassen von I bis III bleiben erhalten. Die steuerlichen Freibeträge werden auf 500.000 Euro (bisher 307.000 Euro) für Ehegatten und bei Kindern auf 400.000 Euro (bisher 205.000 Euro) angehoben.

Bei der Vererbung von Wohnimmobilien gilt zukünftig Steuerfreiheit, wenn der Ehepartner die Immobilien mindestens 10 Jahre weiter bewohnt. Hier konnte die CSU ihre Klientelpolitik durchsetzen, da zukünftig so auch die häufig zitierten Villen am Starnberger See geschützt sind. Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung der Immobilie hebt die Steuerfreiheit allerdings auf.

Die Vererbung von Firmenvermögen bleibt zukünftig steuerfrei, wenn der Betrieb weitergeführt wird und die Summe aller gezahlten betrieblichen Löhne zehn Jahre lang bestehen bleibt. Jährliche Schwankungen sind hier allerdings möglich. Die Arbeitsplätze müssen in dieser Zeitspanne erhalten bleiben. Sollten diese Voraussetzungen nicht erfüllt werden, so muss die Erbschaftssteuer nachträglich entrichtet werden. Dabei gelten aber Härtefallregeln z.B. bei Insolvenzen.

Axel Gödel